Ab wann werden Mitarbeiterbeteiligungen aus steuerlicher Sicht dem Mitarbeiter zugerechnet?

Ab wann werden Mitarbeiterbeteiligungen aus steuerlicher Sicht dem Mitarbeiter zugerechnet?

Eine zentrale Frage bei der steuerlichen Beurteilung von „echten“ Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen ist, zu welchem Zeitpunkt der wirtschaftliche Eigentumsübergang stattfindet. Das BMF hat durch eine kürzlich ergangene Anfragebeantwortung erfreulicherweise Klarheit für die Praxis geschaffen.

Echte Beteiligungsprogramme

Bei sogenannten „echten“ Beteiligungsprogrammen, werden Mitarbeitern echte Anteile an dem Start-up gewährt (zB GmbH-Anteile, Substanzgenussrechte, FlexCo-Anteile, Unternehmenswertanteile).

Neben rechtlichen Aspekten (zB Stimmrechte, Mitsprache) ist aus wirtschaftlicher Sicht entscheidend, wie sich ein Beteiligungsprogramm auf die Begünstigten und die Gesellschaft bzw schlussendlich die Gesellschafter auswirkt. Im Fokus stehen dabei aus Sicht des Begünstigten die steuerlichen Konsequenzen im Zuge der Gewährung des Beteiligungsprogrammes und im Zeitpunkt der Rückflüsse. Aus Sicht der Gesellschaft bzw der Gesellschafter ist hingegen bedeutsam, ob die Aufwendungen iZm dem Beteiligungsprogramm steuerlich abzugsfähig sind und wie sich das Beteiligungsprogramm wirtschaftlich auf die Gesellschafter auswirkt.

Sofern die Mitarbeiterbeteiligung unentgeltlich oder vergünstigt gewährt werden, bestehen Möglichkeiten, einen dem progressiven ESt-Tarif unterliegenden geldwerten Vorteil (= Verkehrswert der gewährten Anteile abgeleitet aus einer zeitnahen Bewertung [zB Finanzierungsrunde, Secondary] abzüglich eines allfälligen Kaufpreises) zu vermeiden. Dies kann zB durch Anteilsgewährung mittels negativer Liquidationspräferenz erfolgen.

Vertragliche Ausgestaltung von Beteiligungsprogrammen

Mitarbeiterbeteiligungen unterliegen gewissen vertraglichen Vereinbarungen, um sicherzustellen, dass das Incentivierungssystem auch entsprechend zielgerichtet seine Wirkung entfaltet. Nachfolgend werden häufig anzutreffende vertragliche Bestimmungen überblicksartig dargestellt:

Nominale Der Mitarbeiter bezahlt nur den (rechnerischen) Nominalbetrag, der sich anteilig zum Gesamtkapital ergibt.
Reverse-Vesting und

Cliff-Periode

Eine Mitarbeiterbeteiligung unterliegt regelmäßig einer Reverse-Vesting-Periode von 4 Jahren (48 Monate), die grundsätzlich mit der Ausgabe der Mitarbeiterbeteiligung („Grant-Date“) zu laufen beginnt. Zusätzlich wird eine kurze Cliff-Periode vereinbart (regelmäßig 1 Jahr). Im Gegensatz zum traditionellen Vesting, bei dem ein Mitarbeiter die Beteiligung im Laufe der Zeit peu à peu erwirbt, bekommt der Mitarbeiter beim Reverse Vesting die gesamten Anteile sofort, muss diese aber wiederum – allenfalls zum Teil – in Good- und Bad-Leaver-Fällen zurückgeben. Schlussendlich wird auch noch geregelt, in welchem Ausmaß allfällige Ausschüttungen (was zwar bei Startups eher selten vorkommt) während der Vesting-Periode zustehen.
Tag-Along/Drag-Along Dabei handelt es sich um Mitverkaufsrechte und -pflichten im Beteiligungsvertrag.
Verfügungsbeschränkung Die Mitarbeiter dürfen die Anteile nicht ohne die Zustimmung der Gesellschaft (bzw. deren Gesellschafter) verkaufen.

Vertragliche Ausgestaltung von Beteiligungsprogrammen

Vor kurzem hat auch die österreichische Finanzverwaltung zur Frage des Zeitpunktes des wirtschaftlichen Eigentumsüberganges iVm Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen Stellung genommen. In diesem Zusammenhang ist erfreulich, dass die Finanzverwaltung – in Übereinstimmung mit der deutschen BFH-Judikatur und Literatur – im Wesentlichen bestätigt hat, dass es trotz der üblicherweise bei Mitarbeiterbeteiligungen vereinbarten Regelungen (Reverse-Vesting, Cliff-Periode, Leaver-Klauseln, Verfügungsbeschränkung) bereits zum Grant-Date bei Gewährung einer Mitarbeiterbeteiligung zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums kommen soll.

Lediglich im Hinblick auf die Vereinbarung des Dividendenbezugsrechtes ist nach Ansicht der Finanzverwaltung darauf zu achten, dass bei einer Reverse-Vesting-Vereinbarung und einem gewünschten sofortigen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (was insbesondere bei Anwendung einer negativen Liquidationspräferenz zur Vermeidung eines steuerpflichtigen geldwerten Vorteils bedeutsam ist) das Dividendenbezugsrecht vollumfänglich von Beginn an zusteht (zum Teil ohne wirtschaftliche Auswirkungen, zB mangels Gewinnausschüttungspotential bei Start-ups in der Anfangsphase).

Der Zeitpunkt des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs ist auch für die neue Startup-Mitarbeiterbeteiligung gem § 67a EStG von Bedeutung, da die begünstigte Besteuerung unter anderem an eine Behaltedauer von 3 Jahren, ab der erstmaligen Abgabe einer Startup-Mitarbeiterbeteiligung, gebunden ist.

Fazit:

Die typischen Klauseln in Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen (zB Reverse-Vesting, Leaver-Klauseln, Verfügungsbeschränkungen) stehen dem sofortigen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an der Mitarbeiterbeteiligung nicht entgegen. Aufgrund der kürzlich ergangenen BMF-Auskunft ist dabei auch ein besonderes Augenmerk auf das Dividendenbezugsrecht während der Vesting-Periode zu legen. Für die Praxis ist erfreulich, dass damit die Rahmenbedingungen für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums klarer umrissen sind. Dennoch empfiehlt sich immer eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall durchzuführen.

Der Artikel wurde von David Gloser (Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) und Christoph Puchner (Partner und Steuerberater) von ECOVIS Austria verfasst. ECOVIS Austria ist eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Österreich im Startup-Bereich. www.ecovis.at