Rulingmöglichkeiten mit der Finanzverwaltung – bekommt man in Österreich bindende Auskünfte?

Rulingmöglichkeiten mit der Finanzverwaltung – bekommt man in Österreich bindende Auskünfte?

Startups können gelegentlich mit steuerlichen Themen konfrontiert sein (zB Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, Umgründungen, Wegzug bzw Auslandsaufenthalte, etc…), bei denen der Wunsch nach einer Absicherung des geplanten Lösungsansatzes besteht. In diesem Zusammenhang bestehen in Österreich verschiedene Abstimmungsmöglichkeiten mit der Finanzverwaltung.

Eine mittels Abstimmung erhaltene schriftliche Rückmeldung der Finanzverwaltung kann in weiterer Folge bei einer künftigen Due Diligence (zB im Rahmen einer künftigen Finanzierungsrunde bzw Exit-Transaktion) vorgelegt werden und dadurch ein allfälliges Steuerrisiko ggf ausgeschlossen werden. Nachfolgend werden die verschiedenen Abstimmungsmöglichkeiten überblicksartig dargestellt:

 

Auskunftsbescheid gem § 118 BAO

Der Auskunftsbescheid stellt eine verbindliche Auskunft im Bescheidform dar. Rulings sind auf die Bereiche Umgründungen, Internationales Steuerrecht (inkl Verrechnungspreise), Gruppenbesteuerung, Umsatzsteuer und das Vorliegen von Missbrauch beschränkt.

Bei Startups können sich insbesondere Fragen im Zuge von Umstrukturierungen (zB Umgründung für laufende operative Zwecke, vorbereitende Umgründung zu Exit-Transaktion), iZm Verrechnungspreisthemen bei grenzüberschreitender Expansion (zB Vergütung einer Tochtergesellschaft für die ausländische Marktbearbeitung) oder auch im Bereich der laufenden Abwicklung der umsatzsteuerlichen Tax Compliance ergeben.

Voraussetzung für ein Ruling ist, dass es sich im Antragsstellungszeitpunkt um einen noch nicht verwirklichten Sachverhalt handelt. Derartige Rulings sind generell kostenpflichtig (abhängig von den Umsatzerlösen zwischen 1.500 und 20.000 Euro).

Aus zeitlicher Sicht ist derzeit erfahrungsgemäß von einer Bearbeitungsdauer von ca 2-3 Monaten auszugehen, ab dem Zeitpunkt der „offiziellen“ Antragstellung.

 

Express-Antwort-Service (EAS)

EAS-Auskünfte werden durch das BMF (Abteilung für Internationales Steuerrecht) abgewickelt und auf anonymisierter Basis ausschließlich für den Bereich internationales Steuerrecht durchgeführt.

Startups können durchaus mit Themen des internationalen Steuerrechts konfrontiert sein (zB Wegzug von Founder/Mitarbeiter, Betriebsstättenthemen).

EAS-Auskünfte ergehen nicht in Bescheidform und sind daher nicht verbindlich. Da das BMF die Oberbehörde der Finanzämter ist, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich diese idR der Rechtsansicht des BMF anschließen. Ein durchsetzbarer Anspruch darauf besteht allerdings nicht und es gibt auch keinen „Treu-und-Glauben-Schutz“.

Aus zeitlicher Sicht ist erfahrungsgemäß mit einer Dauer von ca 2 Monaten zu rechnen.

 

Treu-und-Glauben-Auskunft

Weiters kann eine Treu-und-Glauben-Auskunft beim zuständigen Finanzamt beantragt werden.

Der Grundsatz von Treu und Glauben besagt, dass, wenn dem Abgabepflichtigen durch die Auskunft eine bestimmte Rechtsansicht erteilt oder bestätigt wird, er sich darauf verlassen kann, dass im Zuge einer Überprüfung durch die Abgabenbehörde keine andere Meinung vertreten wird.

Die Praxis zeigt, dass derartige Auskünfte oft nur mit großer zeitlicher Verzögerung erlangbar sind (ca 2 – 4 Monate).

 

Lohnsteuerauskunft iSd § 90 EStG

Lohnsteuerfragen können durch eine Lohnsteuerauskunft mit dem zuständigen Finanzamt abgestimmt werden. Nicht erfasst sind hingegen Fragen, die erst im Einkommensteuerverfahren des Arbeitnehmers bedeutsam sind.

Das kann in Bezug auf Startups beispielsweise Fragen iZm einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm betreffen (zB Beurteilung einer negativen Liquidationspräferenz, Auswirkungen von Sperr- oder Behaltefristen auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums).

Die erteilte Auskunft kann mangels Bescheidcharakters weder den Steuerpflichtigen noch die Abgabenbehörde binden. Weicht die Abgabenbehörde von der erteilten Auskunft im Zuge des weiteren Verfahrens ab, so ist diese gesetzwidrige Vorgangsweise nach den zum Grundsatz von Treu und Glauben entwickelten Kriterien zu beurteilen.

Das zuständige Finanzamt hat dabei tunlichst innerhalb von 14 Tagen eine Lohnsteuerauskunft zu erteilen. Erfahrungsgemäß ist hier jedoch leider mit einer längeren Bearbeitungsdauer zu rechnen (ca 2 Monate).

Der Artikel wurde von David Gloser (Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) und Christoph Puchner (Partner und Steuerberater) von ECOVIS Austria verfasst. ECOVIS Austria ist eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Österreich im Startup-Bereich. www.ecovis.at