Was ist bei einem Wegzug steuerlich zu beachten?

Aus verschiedenen Gründen kann es zu einem Wegzug aus Österreich kommen (zB grenzüberschreitende Expansion eines Startups, neue berufliche Schwerpunkt im Anschluss an Exit-Transaktion im In- oder Ausland, familiäre Gründe). Damit einher geht die Frage, welche steuerlichen Konsequenzen mit einem Wegzug verbunden sind (Stichwort: „Wegzugsbesteuerung“). Nachfolgend wird ein grober Überblick über die steuerlichen Rahmenbedingungen gegeben.

 

1. Steuerliche Ansässigkeit als Kriterium für die Aufteilung des „Besteuerungskuchen“

Bestimmung des Ansässigkeitsstaates

Bei der Bestimmung des Ansässigkeitsstaates wird grundsätzlich auf den Wohnsitz abgestellt. Sofern eine Person in mehreren Staaten über einen Wohnsitz verfügt, ist der Mittelpunkt der Lebensinteressen maßgebend. Dabei ist das Gesamtbild der persönlichen (zB familiäre/freundschaftlichen Beziehungen, Verbringung der arbeitsfreien Zeit, Nutzung von Wohnsitzen) und wirtschaftlichen Verhältnisse (zB Einkunftsquellen, verfügbares Vermögen) unter zusammenfassender Wertung aller Umstände zu berücksichtigen.

Im Zweifel ist den näheren persönlichen Beziehungen und dabei wiederum der Gestaltung des Familienlebens der Vorrang zu geben. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind hingegen idR in speziellen Einzelfällen ausschlaggebend (zB bei gleichgewichtigen persönlichen Verhältnissen). Schlussendlich ist entscheidend, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist.

 

Wegzugszeitpunkt

Dabei ist entscheidend, wie mit dem inländischen Wohnsitz umgegangen wird und ob überhaupt eine Rückkehrabsicht besteht (zB aufgrund befristeter Verträge, zurückbleibender Kernfamilie). Wenn im Inland der Wohnsitz generell aufgegeben wird, geht damit in der Regel auch der Wegzug einher. Sofern der inländische Wohnsitz beibehalten wird, ist bei Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen nach Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung nicht auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen:

> Bei kurzfristigen Auslandsaufenthalten im Ausmaß von weniger als zwei Jahren wird idR davon ausgegangen, dass keine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen in das Ausland erfolgt und folglich auch kein Tatbestand für die Wegzugsbesteuerung ausgelöst wird.

> Bei länger als fünf Jahre dauernden Aufenthalten im Ausland wird hingegen die äußere Vermutung für die Verlegung des Mittelpunktes der Lebensinteressen in das Ausland sprechen, wenn auch der Ehegatte und haushaltszugehörige Kinder mitübersiedeln.

> Für Zeiträume dazwischen wird die Frage anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls zu klären sein.

 

Bei einem Umzug sollte jedenfalls darauf geachtet werden, dass sich der Wegzugszeitpunkt in Österreich und der Zuzugszeitpunkt im Ausland zeitlich deckt, um negative steuerliche Konsequenzen zu vermeiden.

 

2. Brennpunkt „Wegzugsbesteuerung“

Konsequenzen der Wegzugsbesteuerung

Mit der Wegzugsbesteuerung soll sichergestellt werden, dass die in Österreich für Kapitalvermögen (zB GmbH-Anteile, Aktien, Wertpapiere, Kryptowährungen) angehäuften stillen Reserven auch im Inland besteuert werden. Sofern es daher wegzugsbedingt zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts unter Berücksichtigung des jeweils anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und dem Zuzugsstaat kommt, wird die Wegzugsbesteuerung schlagend. Durch die Wegzugsbesteuerung wird eine Veräußerung im Zeitpunkt des Wegzuges unterstellt (Veräußerungsfiktion).

Die steuerlichen Konsequenzen sind daher pro Vermögensgegenstand zu analysieren. Gerade bei Kapitalanteilen wird eine genaue Analyse erforderlich sein, da zB Anteile an Immobiliengesellschaften bei Bestehen einer sogenannten „Immobilienklausel“ im anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen (durch derartige Klauseln soll sichergestellt werden, dass Immobilienübertragungen durch Veräußerung der Anteile an einer Immobiliengesellschaft gleichgeschalten werden) unter Umständen wegzugsbedingt keine Einschränkung des österreichischen Besteuerungsanspruchs auslösen müssen. 

Abhängig Zuzugsstaat ist darauf aufbauend wie folgt zu unterscheiden:

> Bei Wegzug einer natürlichen Person in einen EU-/EWR-Staat (mit umfassender Amts- und Vollstreckungshilfe) besteht auf Antrag die Möglichkeit der Nichtfestsetzung der wegzugsbedingt ausgelösten Einkommensteuer. Die vorerst nicht festgesetzte Einkommensteuer wird in weiterer Folge entweder bei Veräußerung des exportierten Wirtschaftsgutes oder bei einem weiteren Umzug in einen Drittstaat fällig.

> Bei Wegzug einer natürlichen Person in einen Drittstaat kommt es hingegen zur sofortigen Vorschreibung der Wegzugssteuer.

 

Vermeidung einer Wegzugsbesteuerung

In Abhängigkeit der Ausgangslage ist zu prüfen, ob eine Wegzugsbesteuerung vermieden werden kann. Dazu kann unter anderem auf folgende Überlegungen zurückgegriffen werden:

> Vornahme des Wegzugs zu einem steueroptimalen Zeitpunkt mit keinem bzw lediglich einem geringen Besteuerungspotential für wegzugssteuerverfangenen Vermögens

> Vorübergehender Wegzug mit Rückkehrabsicht und Beibehaltung eines inländischen Wohnsitzes

> Errichtung einer inländischen Privatstiftung samt Widmung des wegzugssteuerverfangenen Vermögens (eine Stiftung kann in weiterer Folge zB auch für die Nachfolgeplanung genutzt werden, allerdings gehen damit auch gewisse Strukturkosten einher)

> Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft, da Anteile weiterhin in Österreich steuerverfangen bleiben. Damit geht jedoch ein steuerlicher Hochschleuse-Effekt einher, da die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft im Gegensatz dem progressiven Einkommensteuersatz unterliegen (max 50% bzw 55% für Einkünfte ab EUR 1 Mio – sofern keine altersmäßigen Begünstigungen zur Verfügung stehen).

 

3. Fazit

Ein Wegzug sollte gut überlegt sein und vorbereitend sowohl aus österreichischer Sicht als auch aus Sicht des Zuzugsstaates einer näheren steuerlichen Analyse unterzogen werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob eine schlagend werdende Wegzugsbesteuerung eventuell vermieden werden kann. Weiters sind auch Melde- und Dokumentationsverpflichtungen zu beachten.

 

 

Der Artikel wurde von David Gloser (Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) und Christoph Puchner (Partner und Steuerberater) von ECOVIS Austria verfasst. ECOVIS Austria ist eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Österreich im Startup-Bereich.