Wenn Kapitalgesellschaften „umziehen“
Die Standortwahl eines Unternehmens ist zu Beginn eine zentrale Frage. Nichtsdestotrotz kann es im Zeitverlauf dazu kommen, dass ein Startup den ursprünglichen Satzungssitz verlagern möchte (zB aufgrund eines ausländischen Accelerator-Programms, aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen, etc…). In diesem Fall stellt sich die Frage, ob ein Umzug von Kapitalgesellschaften überhaupt möglich ist und welche steuerlichen Konsequenzen damit einhergehen.
Umzug von Kapitalgesellschaften
Mit dem derzeit im Entwurf vorliegenden EU-UmgrG, sollen neben Regelungen für Verschmelzungen und Spaltungen auch Regelungen für grenzüberschreitende Umwandlungen (Sitzverlegungen) von Kapitalgesellschaften innerhalb des EU-/EWR-Raumes eingeführt werden.
Im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umwandlung kann der Satzungssitz einer Kapitalgesellschaft verlegt werden. Im Fall einer Verlegung des Satzungssitzes vom Inland ins EU-/EWR-Ausland liegt eine Hinaus-Umwandlung vor (Wegzug), während im umgekehrten Fall eine Herein-Umwandlung vorliegt (Zuzug). Gerade grenzüberschreitende Umwandlungen wurden bislang von den Firmenbuchgerichten restriktiv gesehen.
Kapitalgesellschaften verfügen aus steuerlicher Sicht über zwei Anknüpfungsmerkmale, die für einen Umzug relevant sind. Einerseits den Satzungssitz gemäß Gesellschaftsvertrag und andererseits den Ort der Geschäftsleitung, an dem die wesentlichen Entscheidungen für das Tagesgeschäft getroffen werden. Im Gegensatz zum Satzungssitz, ist die Festlegung des Ortes der Geschäftsleitung aufgrund der Nachweisverpflichtungen iZm den Entscheidungen des Tagesgeschäfts (zB Protokolle, Aufenthalte, etc…) mit mehr Hürden verbunden.
Steuerliche Aspekte beim Umzug
Im Zuge einer grenzüberschreitenden Umwandlung ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen Zuzug oder Wegzug handelt und ob lediglich der Satzungssitz verlagert wird oder auch der Ort der Geschäftsleitung wechselt. Wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Satzungssitz grenzüberschreitend verlagert und den Ort der Geschäftsleitung im bisherigen Staat beibehält, dann liegt in weiterer Folge eine sogenannte doppelansässige Kapitalgesellschaft vor. Aus steuerlicher Sicht ist grundsätzlich der Ort der Geschäftsleitung ausschlaggebend für die steuerliche Ansässigkeit einer Kapitalgesellschaft. Die steuerliche Ansässigkeit ist wiederum für den Besteuerungsanspruch eines Staates maßgebend.
Vor diesem Hintergrund sind folgende Rahmenbedingungen zu beachten:
>> Wenn der Satzungssitz verlegt wird, bleibt die Gesellschaft weiterhin im bisherigen Staat aufgrund des dort verbleibenden Ortes der Geschäftsleitung steuerlich ansässig, sodass sich insofern keine nachteiligen steuerlichen Konsequenzen ergeben. In diesem Zusammenhang sollten jedoch die steuerlichen Aspekte im Rahmen der laufenden Tax Compliance vorab einer Analyse unterzogen werden (zB Steuererklärungspflichten, Jahresabschlusserstellungspflichten, Dividenden von allfälligen Tochtergesellschaften, Ausschüttungen durch die umgezogene Kapitalgesellschaft).
>> Sofern neben dem Satzungssitz auch noch der Ort der Geschäftsleitung verlagert wird, kann im Fall eines Wegzugs von Österreich eine Exitbesteuerung greifen, wenn keine Betriebsstätte mit funktionaler Vermögenszuordnung in Österreich zurückbleibt und entsprechende stille Reserven im Betriebsvermögen bestehen (da Österreich in Bezug auf Besteuerungsrechte eingeschränkt wird). Im Zuzugsfall würde Österreich aufgrund des Ortes der Geschäftsleitung Besteuerungsrecht zuwachsen, sofern keine Betriebsstätte mit funktionaler Vermögenszuordnung im Ausland zurückbleibt und entsprechende stille Reserven im Betriebsvermögen vorliegen (in diesem Fall wäre eine Aufwertung des zugezogenen Vermögens erforderlich).
Ausblick
Durch den derzeit vorliegenden Entwurf des EU-UmgrG, welches voraussichtlich zeitnahe in Kraft treten soll, werden grenzüberschreitende Umwandlungen erstmals auf eine vernünftige rechtliche Grundlage gestellt. Aufgrund der bisher restriktiven Handhabung von Umzügen durch die involvierten Firmenbuchgerichte ist dieser Schritt zu begrüßen. In diesem Zusammenhang bleibt allerdings die weitere Entwicklung noch abzuwarten (zB Regierungsvorlage, Beschlussfassung, etc…).
Durch die reine Verlegung des Satzungssitzes bleiben nachteilige steuerliche Konsequenzen regelmäßig außen vor. Nichtsdestotrotz sollten die steuerlichen Aspekte im Rahmen der laufenden Tax Compliance vorab einer Analyse unterzogen werden (zB Steuererklärungspflichten, Jahresabschlusserstellungspflichten, Mindeststeuerverpflichtungen, Dividenden von allfälligen Tochtergesellschaften, Ausschüttungen durch die umgezogene Kapitalgesellschaft). Wenn auch der Ort der Geschäftsleitung verlagert werden soll, sind Exitbesteuerungsthemen im Detail zu analysieren. Neben den steuerlichen Aspekten sind bei einem Umzug auch die rechtlichen Rahmenbedingungen vorab zu überprüfen (zB Prüfpflichten des Firmenbuchgerichts, Meldeverpflichtungen, etc…).
Autoren:
Christoph Puchner, Partner und Steuerberater & David Gloser, Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer von ECOVIS Austria, einer der führenden Steuerberater Österreichs im Startup-Bereich.